Ein Text von: Helena ten Brink, Lisa Breher, Magdalena Hoffmann…

 

 

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Bildquelle: http://i2.wp.com/janson-karikatur.de/wp-content/uploads/2016/06/Brexit-16-06-24-rgb-1.jpg

Auf dieser Karikatur ist ein Mann zu sehen, der in beiden Händen Tageszeitungen hält. Er preist mit weit geöffnetem Mund seine Zeitungen mit den Worten „Extrablatt!! Erde dreht sich trotz Brexit weiter!!“ an. Untertitelt ist die Karikatur mit den Worten „The day after“, zu Deutsch „der Tag danach“.
Viele können sich noch an den Tag nach dem Referendum erinnern, an dem der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union in den Medien allgegenwärtig war. Das deutsche Auswärtige Amt twitterte zum Beispiel „#Steinmeier: Die Nachrichten aus Großbritannien sind wahrlich ernüchternd. Es sieht nach einem traurigen Tag für #Europa+#Großbritannien aus“[1]. Aussagen wie diese gaben der europäischen Bevölkerung das Gefühl, das Konzept Europäische Union sei gescheitert und der Austritt Großbritanniens ein Rückschlag. Doch schon vier Tage später erschien ein gemeinsamer Beitrag des französischen und deutschen Außenministers „ein starkes Europa in einer unsicheren Welt“[2], in dem es unter Anderem um die deutsch-französischen Wünsche geht, wie die EU-Militärpolitik  in Zukunft aussehen sollte. Vorschläge dieser Art scheiterten vor dem Brexit häufig am britischen Veto. Deutschland und Frankreich sahen den Austritt der Briten*innen aus der EU also nicht nur negativ, sondern auch als Chance auf diesem Gebiet leichter Fortschritte zu machen. Der Beitrag „ein starkes Europa in einer unsicheren Welt“ enthielt unter Anderem folgende Ziele:

  • zivile und militärische Instrumente sollen schneller und wirksamer in reale Politik umgesetzt werden
  • die EU soll besser in Krisen eingreifen, die die eigene Sicherheit direkt angreifen
  • eine zivil-militärische Planungs- und Führungsfähigkeit soll hergestellt werden

Dafür wird von den Mitgliedstaaten der EU erwartet, dass sie ihre Anteile an Ausgaben für militärische Ausrüstungen, Forschung und Technologien „bekräftigen und einhalten“ sollen.

Die oben genannten Punkte des Beitrags zeigen, dass sich die deutsche und französische Regierung schon nach kurzer Zeit mit dem Austritt Großbritanniens arrangiert haben und sich ihre „Welt weiter gedreht hat“. Sie ergriffen die Chance, die neue Machtposition direkt zu nutzen und an die anderen Mitgliedstaaten der EU Forderungen zu stellen.

Der polnische Kommentator Jacek Dziedzina nimmt dazu folgendermaßen Stellung: „Die Emotionen sind nach dem Ergebnis des Referendums in Großbritannien noch nicht abgekühlt und schon stellen Deutschland und Frankreich den anderen Staaten ein Ultimatum: Entweder schaffen wir nun einen Superstaat mit einer Regierung, einer Armee, einheitlichen Geheimdiensten und einer gemeinsamen Visapolitik oder Auf Wiedersehen und Au revoir. Es hat sich nun auch gezeigt, dass dieses Dokument, in dem diese Vision vom vereinigten Europa dargestellt wird, bereits lange vor dem Referendum auf der Insel entstanden sein muss. […] Es ist nur schwer zu begreifen, dass die EU-Eliten aus dem britischen Votum nichts gelernt haben. Es sieht so aus, als hätten die Amtsträger aus Brüssel, Deutschland und Frankreich nur auf den Brexit gewartet, um einen Mitgliedsstaat loszuwerden, der gegen die weitere Integration ist.“[3].

Jacek Dziedzina zeigt sich verständlicherweise kritisch den deutsch-französischen Ambitionen gegenüber, denn er als polnischer Bürger sieht eine Machtumverteilung der EU zu Ungunsten der kleineren Mitgliedstaaten. Dass sich die Welt weiter dreht, hat der Beitrag des deutschen und französischen Außenministers gezeigt, und unterstützt die Aussage der Karikatur. In welche Richtung sich die EU-Militär Politik entwickelt, und ob sich auch kleinere Mitgliedstaaten der EU gegen das mächtige Duo Frankreich und Deutschland behaupten können, wird sich noch zeigen müssen.

 

[1] https://twitter.com/AuswaertigesAmt/status/746204729617743872?ref_src=twsrc%5Etfw. Zugriff am 12.11.2016

[2]  https://www.auswaertiges-amt.de/DE/Europa/Aktuell/160624-BM-AM-FRA_ST.html.  Zugriff am 12.11.2016

[3] Dziedzina, Jacek: Kto powstrzyma szaleńców? Kommentar in der Gość Niedzielny, übersetzt durch die Bundeszentrale für politische Bildung: https://www.eurotopics.net/de/161497/eu-sortiert-sich-nach-brexit-votum-neu . Zugriff am 12.11.2016